Copyright 2022 / SSV Zuffenhausen e.V.
Capoeira ist ein brasilianischer Kampftanz und Ausdruck von Freiheit, Lebensfreude, Selbstverteidigung, interkultureller Austausch, ein Weg,
physische, mentale und spirituelle Stärke und Ausgeglichenheit auszubilden. Capoeira wird geprägt vom Kampf, der Musik und der „Roda“ (portugiesisch,
Kreis) als gesellschaftlicher Rahmen, in dem der Kampf stattfindet. Die Kämpfe finden immer in einer Roda statt. Begleitet werden die Kämpfe von
traditionellen Capoeira Instrumenten und Liedern.
Die Roda besteht aus einem Kreis von Capoeiristas und den Musikern. Immer zwei Capoeiristas kämpfen in der Roda, wobei in der Capoeira für
einen Kampf der Begriff „Spiel“ verwendet wird. Eine Roda ist besonders beeinflusst von der archaischen Wucht, die der Capoeira innewohnt.
Capoeira zu trainieren und auszuüben, führt zu einem ganz neuen Bewegungs- und Körpergefühl. Langfristig verbessern sich die Koordinationsfähigkeit, Reflexe, Balance, Kraft und Beweglichkeit. Über das rein körperliche Training hinaus gerät man aber auch in einen intensiven Kontakt mit der Sprache, Musik und der Kultur Brasiliens.
Batizado
Batizado ist portugiesisch und bedeutet Taufe. Es handelt sich um ein Initiations- und Verbrüderungsfest. Die Zeremonie der Batizado wurde von
Mestre Bimba 1936 in Salvador da Bahia eingeführt. Bei der Zeremonie wird der Schüler mit seinem Spitznamen, auch Apelido genannt,
aufgerufen. Er erhält seine erste Kordel und spielt symbolisch mit einem Instrutor, Professor, Mestrando oder Mestre.
Wenn ein Anfänger ein bestimmtes Können und Wissen im Bereich Capoeira erlangt hat, ist er bereit an der Batizado teilzunehmen, wo er in die
Welt der Capoeira durch das Spiel mit einem hoch graduierten Capoeirista aufgenommen wird. Üblicherweise erhält der neue Schüler bei der
Batizado auch einen Spitznamen, der ihm von seinem Lehrer gegeben wird. Dieser basiert häufig auf charakteristischen Eigenschaften oder einer
Anekdote des Schülers.
Die Tradition der Spitznamen geht zurück auf die Zeit, in der Capoeira in den Straßenbanden Brasiliens praktiziert wurde. Damals eigneten sich
die Capoeiristas ihren Decknamen an, um ihre wahre Identität vor der Polizei zu verbergen.
Ebenso erhalten die Schüler, die schon getauft wurden, bei der Batizado eine neue farbige Kordel. Die Farbe der Kordel zeigt die verschiedenen
Stufen an, auf denen sich die Praktizierenden in theoretischen Grundlagen und in der Praxis befinden. Viele Schüler freuen sich schon seit ihrem
ersten Training auf den Tag der Batizado.
Die Batizado ist ein spektakuläres Fest voller Freude und Glücksgefühle. Die neuen und fortgeschrittenen Capoeiristas demonstrieren ihr Können
dabei vor Publikum.
Capoeira ist dabei nicht immer die einzige Attraktion. Häufig werden auch andere Afro-Brasilianische Tänze wie Maculele, Puxada de Rede oder
Samba aufgeführt.
Graduierungen
Die Farbe der Kordel, die die Capoeiristas um ihre weißen Hosen tragen, zeigt die Graduierung der Person an. Dabei geht es nicht nur um die sportlichen
Fähigkeiten, sondern viel mehr um die persönliche Entwicklung.
Crua / Crua-Amarela / Amarela (Roh / Roh-Gelb / Gelb) Die Farben des Beginns und der Anfänge. Die
ungefärbte (rohe) Kordel hat noch keine Farbe. Gelb (bzw. Gold) steht für den Wert des neuen Schülers und was
sich nach diesem Level weiter entwickeln wird.
Amarela-Laranja / Laranja / Laranja-Azul (Gelb-Orange / Orange / Orange-Blau) Orange steht für die Sonne
und das Erwachen des Bewusstseins.
Azul / Azul-Verde (Blau / Blau-Grün) Blau als Farbe der Graduados/Graduadas repräsentiert die Farbe des
Ozeans und die Erkenntnis über die Weite des Weges, welches vor dem Schüler
liegt.
Verde / Verde-Roxa (Grün / Grün-Lila) Grün ist die Farbe des Waldes und der
Lungen der Welt. In diesem Entwicklungsstadium konzentriert sich der Schüler
auf das Wachsen der Gruppe und das Festigen der eigenen Basis. Träger dieser Kordel arbeiten daran das Fundament der
Gruppe zu erhalten.
Roxa / Roxa-Marrom (Lila / Lila-Braun) Als Farbe der Instrutores repräsentiert sie die Kontinuität der Capoeira. Auf dieser Ebene
arbeiten die Capoeiristas an der Überwindung der physischen, emotionalen und spirituellen Hindernisse auf der Suche nach
Wissen über die Capoeira und der Unterstützung der Philosophie der Gruppe.
Marrom / Marrom-Vermelha (Braun / Braun-Rot) Diese Farbe spiegelt unseren Stil, dass „Chamäleon“, wieder. Aus den
Professores, welche diese Farbe tragen entwickeln sich Mestrandos, Mestres und Grão Mestres.
Vermelha (Rot) Der „Rubin“ steht für Fairness und ist die Farbe der Mestrando/a (Meisterschüler/in). Mit dieser Graduierung
eignet sich ein Capoeirista ein Bewusstsein bezüglich seiner oder ihrer Verantwortung der Capoeira gegenüber an und versucht
fair zu Leben, Lehren und Entscheiden.
Vermelha-Branca (Rot-Weiß) Die Stufe der Meister. Auf dieser Stufe arbeitet der Capoeirista daran all sein Potential zu
entwickeln und dabei die Ideen und die Philosophie der gesamten Gruppe zusammenzubringen und zu erhalten. Sie steht für die Transformation zum höchsten Rang bei Abadá Capoeira. Dafür ist es nötig Entscheidungen mit Überzeugung, Präzision, Ehrlichkeit, Loyalität und über aller
Weisheit und Unparteiigkeit zu fällen.
Branca (Weiß) Der Rang des Grão Mestre (Großmeister). Die weiße Farbe symbolisiert den Diamanten. Den härtesten und widerstandsfähigsten Stein. So wie
sich in Weiß alle Farben vereinen, so sind auch im Großmeister alle Eigenschaften in Ausgewogenheit zu finden. Es gibt nur einen Grão Mestre in der Gruppe, er trägt die größte Verantwortung für die Zukunft der Gruppe.
Geschichte der Capoeira
Capoeira wurde um das 15. Jahrhundert von afrikanischen Sklaven in Brasilien entwickelt. Die unmenschlichen Lebensbedingungen auf den Plantagen, schlechte Ernährung, unbegrenzte Arbeitszeiten, willkürliche Strafen und Folter, machten das Leben unerträglich.
Der Widerstand der Sklaven gegen ihre portugiesischen Unterdrücker wuchs, und da ihnen untersagt war Kampfsport zu betreiben, tarnten sie ihr Training der
Angriffstechniken durch elegante, tanzähnliche Bewegungen und rhythmische Musik. Die Capoeira half den Sklaven in ihrer verzweifelten Lage zu überleben, sie gab ihnen Selbstbewusstsein und war eine wichtige Stütze in dem erbarmungslosen Sklaven-Alltag. Es kam immer öfter zu Sklavenaufständen und blutigen Auseinandersetzungen mit den Großgrundbesitzern und einigen Sklaven gelang es, in den Dschungel zu fliehen. Dort gründeten sie sogenannte „Quilombos“, von den Sklaven selbstverwaltete Urwalddörfer, in denen zeitweise bis zu 50.000 Menschen lebten. In den Quilombos übten sich die nun freien Sklaven im Kampf, um auch waffenlos gegen die Privatarmeen der Sklavenbesitzer zu bestehen, wenn sie in Überfällen andere Sklaven befreiten. Seit 1575 entstanden immer mehr Quilombos an unzugänglichen Orten im Dschungel. Palmares, welches im Süden Pernambucos etwa 1602 entstand, war wohl der berühmteste Quilombo mit seinem in Capoeiraliedern oft besungenen Führer Zumbi. Erst durch tagelangen Kanonenbeschuss mit Hilfe der Holländer gelang es den Portugiesen, die Dschungelhauptstadt Palmares einzunehmen und die Verkettung der Dörfer zu sprengen. Die Capoeira überlebte den Fall der Sklavendörfer und trotzte dem folgenden 400 Jahre währenden Verbot.
Bis 1807 fand Capoeira nur versteckt im Dschungel statt, danach breitete sich der Kampf auch in den Städten aus. Als die portugiesische Königsfamilie nach
Brasilien auswanderte begann unter Polizeichef Miguel Nunes Vidigal eine Gewaltwelle über Quilombos, Candomblês (afro-brasilianische Kulte) und
Capoeiristas einzubrechen. Die Capoeiristas wurden von 1864-1870 gezwungen für den König in den Krieg gegen Paraguay zu ziehen und auch nach Ausrufung der Republik hörte die brutale Verfolgung nicht auf.
Capoeira war somit von Anfang an, ein illegaler Kampf, der auch noch lange Zeit nach Abschaffung der Sklaverei von der staatlichen Autorität verfolgt (seit 1890 strafrechtlich) wurde. Diese Tatsache, wie auch blutige Straßenkämpfe und mysteriöse Geschichten krimineller und undurchsichtiger Gestalten, trugen dazu bei, dass „Capoeira“ in dieser Zeit gleichgesetzt wurde mit „kriminell“. Das Capoeira-Verbot wurde 1937 durch den nationalistischen Diktator Getúlio Vargas aufgehoben, der mit der Capoeira einen nationalen Sport etablieren wollte. Auf diese Idee kam er, nachdem er eine Vorführung von Mestre Bimba (Manuel dos Reis Machado) sah. Bimba wollte aus Elementen der Straßenkampftechnik Capoeira eine moderne Kampfkunst formen, welche Heute als die „Capoeira Regional“ bekannt ist.
Mestre Bimba
Geboren am 23. November 1899 in Salvador da Bahia, Sohn von Luís Cândido Machado und Maria Martinha do Bonfim.
Mit 12 Jahren fing Bimba an Capoeira zu spielen. Sein Lehrer war der Afrikaner Bentinho.
Etwa 1921 erreichte es Bimba trotz des Verbotes Capoeira zu unterrichten. Er bestach den örtlichen Polizei Chef. Der taucht immer
erst dann auf, wenn Bimba gerade seine Stunde beendete, worauf hin er und seine Schüler flohen. Die Täuschung war perfekt.
Bimba erkannte das die ursprüngliche Form der Capoeira immer mehr zerfiel. Er beschloss seinen Capoeira Stil zu verändern und
führte effektive Batuque Kampftechniken ein, die er von seinem Vater lernte. Er entwickelte Lernsequenzen die seinen Capoeira
Unterricht verbesserte. Dies war etwas vollkommen Neues. Bis dahin wurde Capoeira durch Sehen und Nacharmen erlernt. Durch
die Sequenzen war ein viel effektiver Unterricht möglich.
Weil sein Stil nur in Bahia gelehrt und ausgeübt wurde nannte er ihn „Luta Regional da Bahia“ (Regionaler Kampf aus Bahia).
1934 gründete Mestre Bimba die erste Capoeira Akademie und erhielt großen Zulauf aus der Mitteklasse und Studentenszene.
1936 errichte er eine staatliche Anerkennung seiner Schule und eine Eintragung in das Amt für Kultur, Gesundheit und Schulwesen.
Bimba forderte 1936 Kämpfer aller Kampfstile auf sich mit ihm und seiner Capoeira Regional zu messen. Der längste Kampf dauerte 1 Minute und 10 Sekunden Bimba hatte sie alle besiegt.
Der populistische Präsident Getúlio Vargas lud Bimba, Am 23.7.1953, zu einer Präsentation seine Capoeira Regional ein. Vargas war beeindruckt und
kommentiert mit den Worten „Capoeira ist der einzig wahre Nationalsport“.
Bimba starb am 5.2.1974, einem Dienstag, ein Jahr nachdem er von Bahia nach Goiânia gezogen war. Bis zum Samstag davor leitete er noch eine Präsentation im Clube dos Funcionários Publicos und gab, obwohl er schwer krank war, noch Unterricht. Er starb sehr einsam und desillusioniert. Es heißt, dass ganz Brasilien 7 Tage lang trauerte, indem alle Capoeirapraxis unterblieb. Es gab zu Bimbas Zeiten auch andere gute Capoeirista, aber keiner hatte das technische Vermögen und das Lehrvermögen und vor allem nicht das Charisma von Mestre Bimba.
Mit dem Laden der Karte akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von Google.
Mehr erfahren
Für regelmäßige aktuelle Meldungen rund um den SSV Zuffenhausen, können Sie sich hier zu unserem Newsletter anmelden.
Copyright 2022 / SSV Zuffenhausen e.V.